Denk an die Umwelt, fahr mit dem Bus: Volkswagens elektrischer T2

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Kaum etwas hat uns Petrolheads in den letzten Jahren so verstört und verunsichert, wie die Einführung der Elektromobilität. Des Autofahrers liebstes Kind war nicht erst seit dem #dieselgate in Bedrängnis. Der Untergang des Abendlandes wurde vielerorts mit den ersten Elektroautos am Markt beschworen. Das Elektroautos nicht der Weisheit letzter Schluss sein werden, ist uns mittlerweile auch bewusst geworden, aber als mobile Lösung für den Nahbereich werden intelligente praktische E-Mobile sicher in Zukunft nicht wegzudenken sein. Auch wenn nach wie vor viele eingefleischte Klassikerfahrer nur beim Erwähnen von Tesla, i3, EQC, Zoe und Ioniq spontan die Krätze bekommen. Dabei gibt es die Elektroautos fast so lange, wie es Autos gibt, wie zum Beispiel den Lohner-Porsche Mixte von 1901.

 

 

Wie ist es aber, wenn Volkswagen wieder einen der Versuchsträger der Elektromobilität ausgräbt und hübsch zurechtmacht? Einer, bei dem Männlein wie Weiblein verzückt aufstöhnen und ihnen gleich einen Platz in der Garage freimachen würden? Ein T2 geht doch immer. Gleich wie Käfer, 2CV, Vespa, T1 und W123 ist er der Liebling der Oldtimerszene, der kleinste gemeinsame Nenner all jener die sich nur ein Fünkchen für klassische Fahrzeuge interessieren.

 

 

Aber springen wir mal zurück zu den frühen 70ern. Volkswagen war gerade am Sprung in die Moderne. Der jahrzehntelang gut gelittene luftgekühlte Boxermotor stieß an seine Grenzen, der Fortbestand des Volkswagenkonzerns stand auf der Kippe, wenn man nicht endlich das Ruder herumriss und auf moderne Antriebskonzepte setzte. Mehr Leistung, zeitgemäße Fahrleistung und mehr Komfort standen ganz weit oben auf der Agenda. Für den Boxermotor und Heckantrieb standen die Zeichen auf Abschied. Frontantrieb, wassergekühlte Reihenmotoren, angemessener Verbrauch und Praktikabilität standen in den Lastenheften der neu zu entwickelnden Baureihen ganz weit oben und waren dick unterstrichen. Wie wir heute wissen, ist das Volkswagen äußerst gut gelungen, spätestens mit der Einführung von Passat, Golf und Polo zeigte das Erfolgsbarometer wieder nach oben.

 

 

Im Jahr 1970 gründete der Erfinder der Kult-Klassiker Käfer und Bulli einen Entwicklungsbereich für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Am Vorabend der ersten Ölkrise ging es Volkswagen darum einen Schritt in die Mobilität von Morgen zu machen, alternative Energieträger zu erschließen, um nicht nur von fossilen Rohstoffen abhängig zu sein. Die Volkswagen-Modelle ID.3 und ID.BUZZ lagen noch in weiter Ferne.

1972 war dann die Entwicklung so weit gediehen, das man den ersten Pritschenwagen-Prototyp auf Basis des T2 auf der Hannover-Messe präsentieren konnte. Kurz darauf begann die Kleinserienproduktion, des Elektro-T2, der als Bus, Pritsche und Kastenwagen erhältlich war. Ein fremd erregter Gleichstrom-Nebenschlussmotor von Bosch (später von Siemens) sorgte für den Vortrieb. Die Dauerleistung betrug 16 kW (22 PS), als kurzfristige Dauerleistung konnten 32 kW (44 PS) abgerufen werden. Das maximale Drehmoment lag bei 160 Nm. Kraftvoll genug für den Nahverkehr, auch die Reichweite der 21,6 kWh Batterie war innerstädtisch mit maximal 85 km ausreichend. Mit der 880 kg schweren Batterie kam der Transporter so auf ein Gesamtgewicht von 2170 kg, das reichte für 75 km/h Spitze.

 

 

Ein Teilnehmer des damaligen Flottenversuchs war die Stadt Berlin. Die Stadt an der Spree erwarb insgesamt sieben elektrische Bulli. Einer davon hat überlebt: Der 1977 produzierte und am 14. April 1978 auf die Berliner Verkehrsbetriebe, Bereich Entwässerungswerke, zugelassene T2. Schon damals war man sich der Außenwirkung bewusst und wählte als Werbeslogan: „Wir fahren mit Strom – umweltfreundlich“.

 

 

Berlin machte Nägel mit Köpfen und ging den Test mit Engagement an: Eine Batteriewechselstation wurde im Bezirk Tiergarten eingerichtet, dort konnte binnen fünf Minuten die leere Batterieeinheit gegen eine volle getauscht wurde. Das funktionierte dank des ausgeklügelten Systems, da der unter der Ladefläche integrierte Akku einfach herausgeschoben werden konnte. Die Infrastruktur für die Lade- und Wechseltechnik entwickelte Volkswagen zusammen mit den Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken (RWE) und der damaligen Gesellschaft für Elektro-Straßenfahrzeuge (GES).

 

 

Die Blei-Traktionsbatterie von Varta konnte alternativ auch per Stecker über eine Schnittstelle im Bulli-Heck geladen werden. Ein Rekuperationssystem war auch in den 70ern schon State of the Art bei Volkswagen – beim Bremsen wurde kinetische Energie gespeichert. Einzig die damals noch fehlende praxistaugliche Batterie-Technologie, verhinderte die weitere Verbreitung.

Volkswagen Nutzfahrzeuge zeigt auf der diesjährigen Techno-Classica in Essen (25. bis 29. März) den fahrfähigen VW-Elektro-Transporter auf Basis des T2. Der Zero-Emission-Oldtimer gehört jetzt zur mobilen Sammlung der Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer.

Elektromobilität kann also auch sympathisch! Deswegen: Denk an die Umwelt, fahr mit dem Bus!

 

Bilder: Volkswagen Nutzfahrzeuge

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