24h Rennen am Nordring 2016 – Das Rennen

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Der Start des 24h Rennen am Nordring ist ein klassischer Le Mans Start, mit zügigem überqueren der Rennstrecke nach erfolgtem Startschuss des Rennleiter. Traditionell, sofern man nach drei bisherigen Starts schon von Traditionen sprechen kann, hat den Startturn Jakob übernommen, inkl. des obligaten Griffs zur Hose und raufziehen der selbigen. Mit Startnummer 1 startet man am Beginn des Feldes und kommt auch als Erster weg, sofern man so dynamisch wie Jakob läuft. Aber ein 24 Stundenrennen gewinnt man bekanntlich nicht in der ersten Runde, folglich ist ein guter Start zu vernachlässigen, auch wenn das viele Teilnehmer nicht so sahen.

 

 

„Rennfahren ist Leben. Alles andere ist bloß Warten“ Steve McQueen

 

Wir kannten das 24h Rennen ja nur als Wetterlotterie, mit Sonne , Regen, Wind und arschkalten Nächten. in erster Linie hatten wir heuer Sonne, Hitze und Staub. Nicht einfach Staub, sondern Staub in allen Ritzen, Fugen und besonders in und an der Celica. Das war dem guten Willen des Nordringbetreibers geschuldet, der uns eine Autobahn aus Lehm und Asphalt zaubern wollte. Die 17 LKW Ladungen Erde die aufgebracht und gewalzt wurden, entpuppten sich als härteste Prüfung dieses Rennens. Gut die Piste war zwar anfangs glatt wie ein Babypopo, aber ab der ersten Runde begann man Staub zu fressen – im wahrsten Sinne des Wortes. Man sah teilweise keine zehn Meter, was vor allem in der Dämmerung bei Gegenlicht und Nachts zu Blindflügen führte.

Die Celica spulte Runde um Runde souverän ab, nach den halbstündlichen Turns zu Beginn des Rennens,damit jeder mal dran kam, wechselten wir zum einstündigen Rhythmus über. Ausser tanken, Scheibenpflege war bei den Fahrerwechsel kaum was zu tun, ab und an wurde der Luftfilter ausgeblasen.

Über diese ganze Dramen zog der Staub seine unerbittliche Schicht. Durch stündliche Fahrten mit dem Spritzwagen wurde zwar versucht, die Staubentwicklung etwas einzudämmen, was aber nur von kurzer Dauer war. Dafür stieg die Driftdichte nach dem Spritzwagen enorm, was zwischen durch für kurzweilige Abwechslung am Kurs sorgte, aber auch für nicht ungefährliche Quersteher.

Mit Einbruch der Nacht begannen leichte Zündungsprobleme, die Celica nahm nicht immer gut Gas an. Also wurde an der Zündung das eine oder andere eingestellt, was zu kurzfristigen Verbesserungen führte. Aber die Probleme kamen wieder und dank Bene, eine Koryphäe der Autoelektrik und einem beherzten Griff unter die Motorhaube seiner baugleichen Celica, der Entnahme des Kondensators und Implantation in unser Nipponcoupe, lief sie wieder prächtig wie zu Beginn.

Nach diesem Eingriff begann mein nächtlicher Turn zwischen 0h30 und 1h30. Sobald man sich auf die totale Finsternis der unbeleuchteten Strecke gewöhnt hat, verfällt man auch bald in seinen Fahrrhythmus und macht Runde um Runde, Kilometer um Kilometer – und frisst Staub! Kurz vor Ende meiner Nachtschicht wurde ich vom W123 des Hangover Teams in der langen Linkskurve nach Start und Ziel überholt und sah nur noch die Rücklichter des Benz die immer kleiner wurden. Ich überholte ebenfalls gerade einen Konkurrenten und war auf der Ideallinie links, als plötzlich kurz vor der Schikane die Bremslichter des gelben Benz immer größer wurden und mir die Strecke ausging: Rechts war zu, durch den gerade überholten, die Ideallinie durch den Mercedes und die dort sich verjüngenden Strecke. Durch Staub und Dunkelheit, was gleichzusetzen war mit keinerlei Sicht blieb mir nichts anderes übrig, als in die Eisen zu steigen und versuchen den Benz zu umschiffen. Was mir auch fast gelang. Der W123 hatte den Rest seiner Bremsenergie bei einem Reifenstapel abgebaut und ihn um mehrere Meter versetzt. Ich streifte noch zart den Mercedes und segelte auch in den Reifenstapel. Nach einer Schrecksekunde versuchte ich mich wieder auf die Strecke zu begeben, was bei Dauerfeuer der rasenden Rennkollegen nicht so einfach war. Mit leicht erhöhtem Blutdruck und Adrenalinrauschen in den Ohren, schleifendem Kotflügel am linken Vorderreifen, fuhr ich verhalten Richtung Fahrerlager um mal bei Licht die Misere zu begutachten.

Der Schaden war nicht zu übersehen, ich hatte die Celica doch ein wenig onduliert, auch wenn er weitaus geringer war als ich erwartet hatte. Shit happens, aber so hat man wenigstens was erlebt in seinem Leben und muß sich nicht im Alter über verpasste Chancen ärgern und Dinge die man nicht erlebt hat!

Nach kurzer Schadensbegutachtung meiner Kaltverformungskünste wurde der Kotflügel mit herzhaften Hammerschlägen wieder halbwegs in Form gebracht und Volvi übernahm das Steuer. An Schlaf war vorerst nicht zu denken, dazu war der Adrenalinspiegel zu hoch, da half ein Gute-Nacht-Bier ganz gut um wieder runterzukommen und um zu wenigstens 2 Stunden Schlaf zu konsumieren.

Bei meinem nächsten Turn um 6h30 lief die Celica nach wie vor wie ein Uhrwerk und ich musste mich nicht mit dem verbogenen Scheinwerfer und daraus resultierenden schlechter Sicht rumplagen wie meine Teamkollegen, die nach mir ran mussten. Danach gab es ein prächtiges Frühstück mit eimerweise Kaffee, der die Lebensgeister wieder weckte.

Der anschließende Spaziergang durch das Fahrerlager offenbarte so manche Tragödie und nächtliche Schrauberorgien, aber auch die ersten Ausfälle. Hart aber fair ging es draussen auf der Piste zu, den schnelleren machte man gerne Platz, mit den gleichstarken focht man sich so manchen Strauß aus und die langsamen überholte man mit Genuß. Klar gab es bei den langsameren auch einige Teams, die trotzdem auf die Ideallinie beharrten, denen musste man eben ab und an mal klar machen, das sie einfach nur im Weg stehen.

Es wurde sich nichts geschenkt, draussen am Ring, daraus resultierten allerhand Defekte an den Fahrzeugen. Da gingen schon mal Vorderräder fliegen auf der Start-Zielgeraden, oder Halbachsen versagten den Dienst, Auspufftöpfe wurden effektvoll über den Asphalt gezogen. Ganze Vorderachsen samt Motor wurden von mitgebrachten Opferfahrzeugen implantiert, nicht vorhandene Schraubstöcke durch Menschenkraft ersetzt. Faszinierend zuzusehen, mit welchen oft simplen Methoden, die Rennwagen repariert wurden. Zu welchen vielfältigen Einsatzzwecken Gaffatape und Spanngurte entfremdet wurden! Improvisieren lernt man beim 24h Rennen, wenn man es nicht schon vorher beherrschte.

Die letzten Stunden brachten beim Alltagsklassiker Racing Team keine großen Veränderungen mehr mit sich, ausser tanken und Scheibenpflege stand nichts an. Gegen Ende des Rennens merkte man deutlich das abbauen der Reifen und der Bremsen, aber der Zeitaufwand sprach gegen einen so späten Wechsel der Komponenten. So ging es gemächlicher dem Ziel entgegen.

Punkt 16h schwenkte Roland David die überdimensionale Zielflagge und das Rennen war aus. Wie schon die letzten Runden, wuchs sich die Start-Zielgerade zu einem Volksfest aus. Man lag sich in den Armen, gab sich High Five, liess die Reifen burnen und auch die waidwunden Teams schleppten mit vereinten Kräften ihre untoten Rennwagen nochmals auf die Strecke.

Für uns ging sich ein 15.Platz im Gesamtklassement unter 55 gestarteten Teams mit 1236 gefahrenen Kilometern aus, ein kleiner feiner Erfolg für unser Team. Aber jeder der das Ziel aus eigener Kraft erreichte war ein Held!

Als Sieger wurde das ORF Motorsport Team mit neuem Streckenrekord bejubelt (1427km). Wir haben das Rennen und das drumherum mit viel Grillfleisch alkoholfreiem Bier, wenig bis keinem Schlaf gut überstanden und sind heil wieder heimgekommen. Wo gibt es bitte so viel Spaß und Action um so wenig Kohle?

Wie es derzeit aussieht wird die Celica für 2017 fit gemacht und wieder an den Start des 24h Rennen am Nordring gebracht.

 

Bleibt  mir nur noch Danke zu sagen an:

  • Roland David, dem Mastermind dieser grenzgenialen Veranstaltung
  • seinem Team
  • den Ringbetreibern
  • unseren Sponsoren
  • meinen wundervollen Teamkollegen: Bartekki, Jakob, Gernot, Wolfi, Karl, Martin und Philip
  • als großer Helfer in der Not an Multimeter und Vorschlaghammer: Bene

 

 

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