Es hat nicht sollen sein: Honda Civic 1200 Hondamatic

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Oft stößt man am Wegesrand über ein klassisches Auto, Moped oder Motorrad, man macht seine Bilder, postet sie im Blog, Instagram oder Facebook und freut sich über den unerwarteten Fund. Dann gibt es aber auch Funde, die berühren einen tief drinnen. Daran hängen Erinnerungen, Erlebnisse und ganz viele Emotionen. Von so einem Fund möchte ich euch heute berichten.

 

 

Dazu muss ich aber etwas weiter ausholen: Es muss kurz nach dem Erwerb des Führerscheins im Jahre 1994 gewesen sein, die Sehnsucht nach dem ersten eigenen Auto wurde groß und immer größer. Endlich Freiheit, Eigenständigkeit, raus von Zuhause und fahren, fahren, fahren. Die Fenster heruntergekurbelt, den Wind im Gesicht und die Musik bis zum Anschlag aufgedreht.

 

„Ich lass‘ mein Fenster runter

Spür‘ frischen Wind in meinen Haaren

Dreh‘ die Musik ’n bisschen lauter

Scheißegal wohin

Hauptsache fahr’n, fahr’n, fahr’n“

Lemo –  der Himmel über Wien

 

Klar konnte ich Mutters Mazda 323 Sport nutzen, der mit seinen 68PS auch reichlich Fahrspaß brachte. Ein Mazda RX-7 FB in Rot war die erste Wahl, der Ankaufstest beim Automobilklub brachte leider ein ernüchterndes Ergebnis. So gingen weitere Wochen des Suchens ins Land, das wöchentlich erscheinende regionale Kleinanzeigenmagazin wurde stets am Erscheinungstag beim Kolporteur erworben. Mit Textmarker bewaffnet ackerte man die Autorubriken durch und strich an, was sich vielversprechend anhörte und den Geldbeutel nicht zu sehr strapazierte.

 

 

Gekommen ist es dann ganz anders: Ein ehemaliger Schulfreund hatte was in Aussicht. Die Nachbarin seiner Großmutter hatte das Autofahren hochbetagt aufgegeben und der Wagen im Erstbesitz wäre günstig zu haben. Günstig ist wohl untertreiben, da erwartete mich wohl eher ein Schnäppchen. Viele Eckdaten gab es vorab nicht, nur so viel: Honda Civic, Dreitürer und ein frisches Pickerl (TÜV für unsere deutschen Freunde, MFK für die Schwyzer) hatte er erst neulich bekommen. Das Ganze war um 5000 Schilling wohlfeil, abzuholen nähe Kitzeck, dem höchstgelegenen Weinbauort in Österreich.

 

 

Also das Geld eingepackt, ein paar Werkstattkennzeichen geborgt und ab mit meinem Vater und einem fachkundigen Freund in die Südsteiermark. Dort erwartete uns neben einem herzlichen Empfang ein oranger Kleinwagen. Orange! 1200cm³ aus vier Zylindern, heiße 54 Pferdestärken die für den Antrieb der Vorderachse sorgen, das Ganze gemanagt durch die Hondamatic. Gut 54 PS klingen nicht nach dem Burner, aber mit knapp über 600 Kilogramm war das zu mindestens kein Verkehrshindernis. Nach einer kurzen Probefahrt und zugleich auch der ersten Fahrt mit einem Automatikgetriebe war klar: Der soll es werden! Kleines Auto für kleines Geld im guten Zustand, auch wenn er damals schon 19 Jahre alt war, ideal für einen Anfänger.

Beim Ausfertigen des Kaufvertrages kam heraus, das der Civic genau einen Tag vor meinem Geburtstag erstmals zugelassen wurde. Wenn das kein gutes Omen war! Geld über den Tisch geschoben, Papiere übernommen und der Civic war mein! Endlich das erste Auto! Die Freude war groß. Leider hielt sie nicht lange an. Denn am Heimweg, immerhin noch vor der Autobahn verreckte nach rund 15 Kilometern das Automatikgetriebe. Ein Tag, gespickt mit einer Achterbahn der Gefühle. Natürlich lohnt es sich nicht, wahrscheinlich mehr als den Kaufpreis in eine Getriebereparatur zu stecken, man hat dann immer noch ein 19 Jahre altes Auto mit einem revidierten Getriebe und wer weiß was danach noch alles an Unbilden auf mich zugekommen wäre.

 

 

Ein paar hundert Meter hatte ein bekannter Autoverwerter seinen Sitz, wo wir den Civic abgaben. Die Verkäuferin war immerhin so fair, mir den Kaufpreis rück zu erstatten. Somit war ich wieder am Beginn meiner Suche angelangt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Um so mehr hat es mich gefreut, als ich heuer im Frühjahr bei einem Autohändler in der Weststeiermark, einen solchen Honda Civic der ersten Modellgeneration entdeckt habe. Der ist zwar hellblau metallic und nicht orange, aber ebenfalls mit Hondamatic ausgestattet, wenig Kilometer gelaufen und hat auch diesen „Nimm mich mit und hab mich lieb“ Blick drauf. Da könnte man direkt schwach werden, wenn man nicht schon einen zu großen Fuhrpark hat, der zu wenig bewegt wird. Und nachdem es schon 1994 nicht sein hat sollen, muss man das Glück kein zweites Mal herausfordern. Kurze Zeit später kam im Frühjahr 2020 von Matchbox genau diese erste Civic-Modellgeneration in gelb auf den Markt, so steht er eben etwas kleiner und fast in der selben Farbe in der Vitrine.

 

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